Mittwoch, 9. Dezember 2009

Gesinnungen sind großartig, Teil II :-)

Wie erwartet gab es Feedback zu meinem ersten Gesinnungsposting... und wie erwartet haben unterschiedliche Menschen sehr unterschiedliche Auffassungen von Gesinnungen. Ich würde in diesem Posting gerne weiter ausführen, warum ich es für absolut sinnvoll halte, dass Gesinnungen mit einem Regelmechanismus bedacht werden während alle anderen Formen der Charakterisierung meines Erachtens keine Regeln brauchen...

Wenn man mal davon absieht, dass Gesinnungen ein sehr alter und daher aus meiner Sicht integraler Bestandteil aller (A)D&D-artigen Regeln sein sollten, haben Gesinnungen aus meiner Sicht einen entscheidenden Vorteil (oder mindestens Unterschied) zu anderen charakterisierenden Eigenschaften: Sie befinden sich wesentlich weniger in einem Vakuum als andere Eigenschaften. Denn

  • Gesinnungen definieren neun Schubladen, in die man die meisten Roman- und Filmfiguren leicht einsortieren kann - und das ist dann auch mehr als ausreichend für alle Nichtspielercharaktere in einem Rollenspiel.
  • Gesinnungen in (A)D&D sind mit bestimmten Klischees und Monstern verbunden - Teufel sind Rechtschaffen/Böse, Dämonen Chaotisch/Böse, Elfen Chaotisch/Gut und Zwerge Rechtschaffen/Gut. Häufig jedenfalls ;-)
  • Gesinnungen passen sehr gut zur klassischen (A)D&D-Kosmologie.
  • Gesinnungen sind ganz analog zu Klassen eine sehr einfacher Form der Strukturierung archetypischer Schemata.
  • Gesinnungen haben Auswirkungen auf magische Gegenstände.
Und das Beste: Gesinnungen ergänzen sich perfekt mit jeder beliebigen anderen Form der Charakterisierung. Das, was in D20 Modern als Allegiance durchgeht, was in diversen Indie-Erzählrollenspielen oder Everway oder Unknown Armies oder (System deiner Wahl) als Eigenschaft/Attribut/Wesenszug/Charakterzug/wie-auch-immer-bezeichnet wird ist erfreulicherweise nichts anderes als ein Adjektiv, dass zusätzliche Infos liefert.
Im Unterschied zu Gesinnungen sind solche Adjektive aber wesentlich weniger klar abgrenzbar - und damit schlechter für Spielregeln zu gebrauchen. Ein Ring, der bösen Trägern den Finger abtrennt, ist eindeutig. Ein Ring, der gemütlichen Charakteren... nun ja.
(A)D&D lebt von Archetypen. Diese finden sich insbesondere in den Klassen, aber auch in den Attributen, Rassen und eben Gesinnungen. Und diese archetypische Queste und das damit verbundene stark zeichnende Regelschema will ich bewahren.
Daher meine Empfehlung und damit auch die Regel in Hexer & Helden (solange man Hexer & Helden in Reinform spielt - Regel 1 in Verliese & Wälder lautet "Mach' dir das Regelsystem zu Eigen und ändere, was dir nicht gefällt): Jeder Charakter hat eine Gesinnung, die seine grobe Positionierung im kosmischen Spiel beschreibt. Zusätzlich kann man beliebig viele Eigenschaften angeben, die dies verfeinern - nur gibt es keine besonderen Regeln, um dies zu verkomplizieren.
Spieldarstellungen von Charakteren folgen daher dem groben Schema Name - Rasse - Klasse(n) - Statistiken - Gesinnung - weitere Hinweise, Attribute, usw.
Und - ihr lieben Rollenspieler: Hört doch bitte auf, Gesinnungen als ein Korsett zu betrachten. Sie sind Adjektive zur Beschreibung der moralischen und ethischen Einstellung von Charakteren. Und das reicht ;-)

6 Kommentare:

  1. Du sagst, Gesinnungen seien "archetypisch". Das ist falsch. Zumindest insofern, dass sie nicht archetypisch sind wie etwa "Kämpfer" oder "Zauberer" mit denen du sie verglichen werden willst.

    Sie sind nur ein bekannter Teil von D&D, aber sie waren nicht archetypisch bevor es D&D gab und für Leute, die mit D&D nicht aufgewachsen sind, werden sie das auch nie sein.

    Ansonsten habe ich das Gefühl, dass du Ordnung und Chaos nicht so benutzt wie ich das tun würde. Deine Brüder aus dem ersten Beitrag... da ist der eine sortiert und organisiert, der andere spontan. Das dehnt zumindest das Wort "Rechtschaffen" bzw. "Lawful" schon sehr.

    Lawful ist, wer sich an Gesetze hält. Nich jemand, der seinen Arbeitsplatz aufgeräumt hinterlässt. Du interprestierst in diese Schubladen Dinge herein, die durch ihre Bezeichnung nicht gegeben sind.

    Deshalb ist Lawful Evil auch ein Oxymoron. Wer sich an Gesetze hält, tut das, weil er glaubt, dass er damit GUT handelt. Es müsste sonst vieleicht Systematically Evil heißen.

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  2. Grundsätzliche Zustimmung, so bespielt sind Gesinnungen nützlich & gut, aber...

    "Hört doch bitte auf, Gesinnungen als ein Korsett zu betrachten"

    ...in (wenigstens) einer Edition von D&D waren Gesinnungen genau das: Wer bei AD&D2 zu sehr entgegen seiner Gesinnung handelte wurde mit einem ziemlich harschem EP-Verlust daran erinnert, das er in einem Korsett hing und er nur heraus (und ins nächste Korsett) kam wenn er sich so ins eigene Fleich schnitt. Ich kann mir schon vorstellen woher der üble Ruf kam.

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  3. @Stefan: Ok, ich muss mich verbessern: "Gesinnungen sind archetypisch für D&D". Allgemein sicher nicht.

    Es mag ja sein, dass jemand sich an Gesetze hält, weil er glaubt, dass sie gutes bringen... aber die Frage ist ja immer: Bringen sie "Gutes" oder "gutes (für ihn)" ;-)

    Ich denke, die deutsche Vergangenheit zeigt, dass Gesetze nicht zu Gutem führen müssen. Ich halte "Rechtschaffen/Böse als die Gesinnung von Tyrannen und Gewaltherrschern" ebenso wie eben als archetypische Gesinnung der Teufel in (A)D&D für sehr leicht fassbar und glaubwürdig.

    Man darf halt nicht den Fehler machen, die reale Welt mit einem einfachen Regelsystem erklären zu worden - das hat noch keins geschafft ;-) Eben so wie es auch Klassen nicht schaffen, auch nur einen Bruchteil der realen Menschen oder auch nur Fantasy-Romanfigure da draußen zu beschreiben ;-)

    Und wenn man "organisiert" und "spontan" so lebt, dass man die Schicksale andere und deren Leben davon abhängig macht, passt das für mich sehr gut als Gesinnungsbestandteil.

    Keep it simple - es geht um eine grobe Schublade zur Beschreibung ethischen und moralischen Handelns und nicht um die ultimative philosophische Erklärung der menschlichen Seele. Von dem Standpunkt aus verstehe und akzeptiere ich aber gerne, wenn Gesinnungen nichts für einen sind... "Hexer & Helden Light" als Bestandteil des Spielleiterbuchs schafft Gesinnungen auch einfach ab. Schadet dem Spiel nicht wirklich.

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  4. @ragnar: Aber hört doch trotzdem mit dem Korsett auf, selbst wenn es in den Regeln steht. War eine der ersten Sachen, die wir damals einfach ignoriert haben... ebenso wie Gesinnungssprachen. *Die* finde ich wirklich abstrus ;-)

    Alle Lebewesen der Welt sprechen eine von ihrer moralischen und ethischen Einstellung abhängigen Geheimsprache... klaaaaar ;-)

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  5. Hm. Ich finde nicht, dass man viele Roman- und Filmfiguren leicht in die 9 Schubladen sortieren kann. Das geht für mich nur, wenn sie wirklich eindimensional sind. Grundsätzlich finde ich es auch gut, wenn es Gesinnungen gibt. Trotzdem bin ich nach wie für ein etwas lockereres System wie z.B. besagte Allegiances. Sie erlauben nämlich einen Punkt, der mit an den 9 Schubladen gefehlt hat und machen sie damit effektiv zu 14 Schubladen. Neutral heißt dort immer, dass das man um Ausgleich bemüht ist. Was ist aber mit Leuten, die sich z.B. nur für das Gute interessieren und Law vs. Chaos ist ihnen völlig wurscht? Diese Einstellung gibt es nicht und die fehlt mir. Es würde mir schon reichen wenn es nur 13 Schubladen gäbe statt 14 und es nicht die Einstellung gibt, dass einem Ordnung/Chaos UND Gut/Böse egal sind, so dass man zumindest ein bisschen Position beziehen muss. Trotzdem sind solche Ideen wie "Schutz vor gemütlichen Menschen" natürlich Blödsinn ;) Magie sollte sich immer auf Gut, Böse, Ordnung, Chaos und Neutralität beziehen.

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  6. @TheClone: Zu "Was ist aber mit Leuten, die sich z.B. nur für das Gute interessieren und Law vs. Chaos ist ihnen völlig wurscht?".

    Warum passt da Neutral/Gut nicht als Gesinnung? Wir haben das immer kurz definiert (aktiv formuliert, um den Archetypen zu charakterisieren) als "will das Gute in der Welt verbreiten, wobei ihm/ihr egal ist, ob das Gute durch Anwendung oder Missachtung von Gesetzen gestärkt wird". Robin Hood war für mich so ein Beispiel... hat halt die Gesetzte befolgt, die das Gute gestärkt haben. Wenn Gesetze nicht dem Guten gedient haben oder nicht hilfreich waren, hat er sie ignoriert.

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